Neustart für die frühe Bildung in Berlin?
Das steht im Koalitionsvertrag von CDU und SPD

Alles deutet darauf hin, dass bald einen Wechsel im roten Rathaus und auch in der Senatsbildungsverwaltung ansteht. Wie geht es dann weiter mit der frühen Bildung in der Hauptstadt? Der jüngst vorgestellte Koalitionsvertrag gibt erste Hinweise.

Rund ein Jahr ist es her, dass sich Kita-Stimme.berlin in einem offenen Brief an die noch amtierende Bildungssenatorin und die Schulstadträte der Bezirke gewandt hat. Unser Ziel: Ein runder Tisch, damit alle Kinder mit Sprachförderbedarf vor der Einschulung künftig die notwendige Unterstützung erhalten können. Nach langer Zeit tut sich hier jetzt etwas:

In ihrem Koalitionsvertrag kündigen CDU und SPD ein „Kita-Chancen-Jahr“ an. Der Besuch einer Kita oder einer alternativen Bildungseinrichtung soll für Kinder, bei denen ein entsprechender Förderbedarf festgestellt wurde zwölf Monate vor dem ersten Schultag verpflichtend werden. Und auch diejenigen, die ihren Sprachtest vor der Einschulung versäumt haben, sollen vom Kita-Chancen-Jahr profitieren. Dazu passt: Bei der anvisierten Überarbeitung des Berliner Bildungsprogramm soll der Übergang zur Grundschule und der dafür notwendigen Kompetenzerwerb ein Schwerpunkt sein.

Sprachbildung im Fokus

Dass die Sprachförderung von Kindern ohne Kita-Platz im Koalitionsvertrag so prominent erwähnt wird, gibt Anlass zur Hoffnung. Es wird Zeit, dieses Problem endlich gemeinsam anzugehen, damit wir Kinder nicht weiterhin schon vor Beginn ihrer Schullaufbahn aufs bildungspolitische Abstellgleis führen. Richtig ist aber auch: Auf zwölf Monaten Sprachförderung dürfen wir uns nicht ausruhen. So wichtig dieser erste Schritt ist, so sehr müssen wir uns weiterhin bemühen, auch den Familien unsere Bildungsangebote nahezubringen, die nicht von selbst zu uns finden – damit alle Kinder so früh wie möglich davon profitieren können. Dass sich die Koalitionsparteien zudem den Ausbau und die Verstetigung der Kita-Sozialarbeit in ihr Hausaufgabenheft geschrieben haben ist auch deshalb kein ganz unwichtiges Signal. Die Zuschlagslogik soll übrigens nach wie vor mit einem Fokus auf sozial benachteiligte Kinder weiterentwickelt werden – neu ist jedoch, dass die Sprachbildung hier noch einmal besonders in den Blick genommen werden soll.

Auch die Verbesserung der Sprachstandserhebung und der Dokumentation ist ein Thema des Vertrags. In diesem Zusammenhang besonders interessant: Das Papier stellt die Digitalisierung des neuen BeoKiz-Verfahrens in Aussicht, das aktuell an verschiedenen Berliner Kitas getestet wird und künftig das Sprachlerntagebuch und die Sprachstandserfassung mit QuaSta ersetzen soll. In ihrem Vertrag schreiben die beiden Parteien zudem fest, dass die Sprach-Kitas in Berlin aus den Mitteln des Kita-Qualitätsgesetzes fortgeführt werden sollen. Wir verlassen uns darauf, dass eine neue Regierung jetzt dafür sorgt, dass ihr Fortbestand nach Auslaufen dieser Bundesförderung weiterhin gestemmt werden kann.

Ausbau, Fachkräfte und Digitalisierung

Auch ein Bekenntnis zum weiteren Kita-Ausbau lassen die Verfasser im Koalitionsvertrag nicht vermissen. Die Mittel dafür sollen aus einem ausgeweiteten und gestärkten Landesausbau-Programm kommen. Zudem wollen sich die Koalitionäre auf Bundesebene für entsprechende Gelder stark machen.

Mit Blick auf den Fachkräftemangel planen die Verfasser die Entlastung von Kita-Teams durch zusätzliche Verwaltungskräfte und die Unterstützung multiprofessioneller Teams. Verbesserungen im Personalschlüssel sollen „angesichts der konkreten Fachkräftesituation“ geprüft werden. Immerhin: Die Koalitionsparteien setzen es sich auch zum Ziel die Attraktivität des Berufsbildes pädagogischer Fachkräfte in der vollschulischen und in der berufsbegleitenden Ausbildung zu steigern. Kommt die berlinweite Kampagne für den Erzieherinnen- und Erzieherberuf? Wir sind gespannt!

Zudem haben sich CDU und SPD in ihrem gemeinsamen Vertragsentwurf die Weiterführung der Digitalisierung in Berlins Kitas auf die Fahnen geschrieben. In einer Koalition wollen sie sich deshalb für einen DigitalPakt Kita stark machen – der genau wie die Sprach-Kitas über das zeitlich befristete Kita-Qualitätsgesetz finanziert werden soll.

Papier ist bekanntermaßen geduldig – insbesondere dann, wenn Koalitionsverträge darauf verfasst sind. Unbestritten ist aber, dass die frühe Bildung hier diesmal so viel Raum einnimmt, wie schon lange nicht mehr. Im Text gibt es viele Impulse, Ideen und erkennbaren Gestaltungswillen. Das macht uns hoffnungsfroh, dass die Berliner Bildungspolitik den Neustart bekommt, den sie jetzt braucht und schon so lange verdient. Wir freuen uns auf 100 neue erste Tage.

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Mehr Infos zum Status Quo der Kindertagesbetreuung? Hier geht es zum Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme 2022 der Bertelsmann Stiftung.