Wir freien Träger dürfen uns etwas trauen

Wenn ein Unternehmen eine staatliche Aufgabe übernimmt, leistet es einen Beitrag für die Allgemeinheit. In der Regel sind deshalb solche Unternehmen gemeinnützig, d.h. sie dürfen keine Gewinne privatisieren, aber sehr wohl wirtschaftlich arbeiten. Deshalb hatte ja auch der Senat 2005 schon 75% aller Kitas in Berlin in freie Trägerschaft überführt. Inzwischen sind es 80%, und wer Statistiken halbwegs versteht, kann daraus folgern, dass der gemeinnützige Bereich mehr Kitaplätze schafft, mehr pädagogische Kräfte ausbildet und insofern wächst. Ist das verwerflich, müssen wir uns ducken, weil auf öffentlicher Seite Missgunst entsteht, in dem Sinne, die freien Träger nehmen uns was weg? Wollen wir nicht alle dasselbe, nur von unterschiedlichen Positionen aus? Der Senat muss Parteipolitik bedienen, Elternbeiträge für alle auf 0 stellen, das bringt Wähler. Klassisches Denken einer Politik, die gerade gemeinsam mit der Klimakrise vor die Wand läuft?

Warum ist es so schwer zu differenzieren? Um die anstehenden Probleme zu lösen, können wir alle digitalen Mittel der Datenerfassung einsetzen: bei jeder Wahl funktionieren die Prognosen in Deutschland sehr zuverlässig. Bevölkerungsprognosen sind dagegen eher zufällig, die Hochrechnung von Geburtenziffern für Schulanfänger gelingt meistens nicht. Nebenbei, Kitaplätze werden nicht berechnet, nur prognostiziert, weil Kita im Gegensatz zu Schule keine Verpflichtung ist. Allerdings gilt, jedes Kind in Berlin sollte ein Jahr vor Schulbeginn eine Kita besuchen, wegen der Sprachbildung. Soziale Bildung, Integration wäre auch ein Aspekt. Ist es aber nicht!
Als Kitaträger sind wir uns einig, einen Beitrag zum Gemeinwesen zu erbringen. Es gibt schwarze Schafe unter gemeinnützigen Trägern, siehe AWO in Frankfurt am Main, deshalb plädieren wir Freien Träger auch für eine starke Kita-Aufsicht, denn nur der Staat kann hier die Aufsicht führen – wenn er kann … denn die geringen Kapazitäten in diesem Bereich blockieren die zügige Entwicklung, weder Aufsicht noch Planung sind im Bildungsbereich zureichend. Wie man hört, soll das besser werden.

Der Return von Bildung ist zu langfristig, um kurzfristige Investments zu bedienen, aber nachweisbar hocheffizient und für die Gesellschaft lukrativ. Politik ist abhängig von kurzfristigen Kapitalinteressen, sonst lässt sich wenig bewegen. Wir Freien Kitaträger haben also die Aufgabe, frühkindliche Bildung als Rüstzeug für eine komplexe Welt mitzugeben, ohne an den Rahmenbedingungen mitwirken zu können. Von allen 178.000 Kitaplätzen betreiben wir 142.000 und müssen fürchten, Nachteile zu haben, wenn wir unsere Meinung sagen? Hat irgendwer damit gedroht, oder ist es das Gefühl, eine staatliche Aufgabe zu erfüllen, die jederzeit entzogen werden kann?
Auf welcher Grundlage sollen wir planen, wie weit geht unsere Kooperation mit unserem Auftraggeber, dem Senat. Wir brauchen klare Zahlen, die wir anhand unserer Praxis überprüfen und korrigieren können. Prognosen und Abgleiche mit den konkreten Zahlen, aus denen im KEP 22 gegenüber der Schätzung 6.000 Kitaplätze weniger gebraucht wurden, sagt erstmal nur, dass die Prognose daneben lag. Zahlen über den tatsächlichen Zuwachs an Kitaplätzen zuzüglich des Bedarfs für Geflüchtete gibt es noch nicht, wir hoffen auf das gerade erst angekündigte Monitoring.

Wir Freien Träger wollen dazu beitragen, eine zukunftsorientierte Bildung von klein auf zu schaffen, um die Aufgaben der Zukunft der folgenden Generation zu übergeben. Sie haben verdammt einen riesigen Job. Können wir nicht bitte beginnen, mit Fakten zu arbeiten statt mit Programmen jeweiliger Parteien. Wir arbeiten in unserer Praxis nach dem Situationsansatz, wir greifen Vorhandenes auf und entwickeln es weiter, um ein gesetztes Ziel zu erreichen, nämlich Fairness, Toleranz, Nachhaltigkeit und vieles mehr. Alles Ziele der Vereinten Nationen, die zwar lange festgeschrieben wurden, aber es wird Zeit sie umzusetzen.

Können wir uns vorstellen, Unternehmer zu treffen, die nicht an Profit, aber betriebswirtschaftlich denken, für die Gesellschaft verantwortlich handeln und eine neue Generation von Wirtschaftslenkern sind? Die ihre Teams mitnehmen und nicht nur Eventmanager sind, sich engagiert für faire Arbeitsbedingungen einsetzen und das große Ganze im Blick behalten, nicht ihre kleinen Vorteile.
Wir Freien Träger, das ist die Kategorie für gemeinnützige Unternehmer im sozialen Bereich, repräsentieren diese Kernpunkte des sozial-wirtschaftlichen Handelns. Müssen wir Angst haben, unsere Projekte nicht gefördert zu bekommen, finanzielle Einbußen zu erleiden?
Ein bisschen mehr Selbstbewusstsein dürfen wir schon haben!

Ein Kommentar von Hartmut Horst, Geschäftsführer der Hanna gGmbH