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Wie wär’s mit einem Plan?

Wir müssen sparen, bescheidener werden! Die Gas-Versorgung ist unsicher, der Industrie droht Produktionsausfall, jeder ist gefragt, durch eigenen Verzicht den Mangel zu mindern. Es muss gespart werden, überall!
Überall? Nach halbwegs konsequentem Aufbau von Kita- und Schulbildung in den letzten Jahren hieß es noch im Koalitionsvertrag: “Wir wollen das Programm Sprach-Kitas weiterentwickeln und verstetigen”.
Das Aus nach sechs Jahren wurde gerade von der Familienministerin verkündet, gegen landesweiten Protest. Das Bundesprogramm Sprach-Kitas wird 2023 nicht verlängert.

248 Millionen eingespart, Kleinvieh macht auch Mist. Es sollte doch inzwischen jedem klar sein, dass Investitionen in Bildung sich außerordentlich rentieren und für die Entwicklung der Gesellschaft entscheidend sind. Konsequent wäre, in diesem Bereich als Letztes zu sparen, wirklich nur in der Not!

Jetzt verbleiben im Gute-Kita-Gesetz jene Bausteine, die die Länder nach eigenem Ermessen beispielsweise für die Kostensenkungen von Elternbeiträgen einsetzen – man kann es auch Wählerpflege nennen. Für Qualitätssicherung, gar Steigerung gibt es kein Geld! In Zeiten, wo der Anteil von Kindern wächst, die einen hohen Bedarf an sprachlicher Förderung haben? Integration, Chancengleichheit, schon mal gehört? Das Gesetz sollte seinen Namen der aktuellen Entwicklung anpassen. Es ist nicht das Gute-Kita-Gesetz, treffender wäre: das Billige-Kita-Gesetz.

Im September, vor der Wahl war allen Parteien klar, dass der Kitaausbau unbedingt fortgesetzt werden muss. Allein in Berlin ging man im Kitaentwicklungsplan von bis zu 26.000 neu zu schaffenden Plätzen aus, was einer Investition von ca. 1 Mrd. Euro entspricht. Die Parteien sahen es als notwendig an, diese Mittel bereit zu stellen. Im Januar kamen schon die ersten Stimmen, dass eigentlich kein ernsthafter Platzbedarf besteht, ja die Zahlen rückläufig seien. Doch selbst im Koalitionsvertrag der Bundesregierung wurde noch verankert, „Zum weiteren Ausbau von Kita-Plätzen soll ein Investitionsprogramm aufgelegt werden.“
Auch im Bund nun die krasse Wende, das Sondervermögen Kinderbetreuungsausbau wird nicht neu aufgelegt.

Beispielsweise ermittelte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, dass der zweite Lockdown für einen Babyboom sorgte. Im vierten Quartal 2021 wurden ca. 7% mehr Kinder geboren als im selben Zeitraum 2019. In Berlin stellt sich das vielleicht anders dar, weil der Zuzug in der Pandemie geringer war, dafür aber viele Geflüchtete kamen. Die Bedarfszahlen für Kita- und Schulplätze ändern sich so schnell, dass kaum einer mehr durchblickt. Oberste Priorität bleibt, der frisch gekürzte Etat muss eingehalten werden.
Bildung heißt: Kita, Schule, Ausbildung oder Uni. Große Ankündigung in Berlin, 100 Millionen für die Schulsanierung jetzt! Endlich weniger tropfende Wasserhähne, verschließbare Klotüren, Luxus! Ein paar Wochen später, …auf 2027 verschoben, nach der Legislaturperiode. Damit haben wir, die aktuelle Koalition, nichts zu tun!
Wir könnten die Liste der Streichungen gnadenlos weiterführen, wir verstehen ja auch, dass Corona und Krieg viel Geld kosten. Aber die Streichungen sind so willkürlich, wir müssen es verstehen dürfen.
Sind wir wirklich an dem Punkt, alle Bildungskonzepte einzufrieren, um später unter großer Kostenbelastung Defizite notdürftig reparieren zu müssen? Was ist Bildung? Kritische Infrastruktur? Oder kann da einfach weggespart werden, je nach Haushaltlage? Wie wär’s mit Bildungsplanung?

Ein Kommentar von Wolfgang Freier, Gemeinnützige BOOT GmbH und Hartmut Horst, Hanna gGmbH