Das bringt 2022 für die Träger in der Hauptstadt

Die Jahresvorschau auf Kita-Stimme.berlin. Ein turbulentes Jahr geht für die Berliner Trägerlandschaft zu Ende. Und dem Vernehmen nach wird 2022 nicht weniger aufregend. Wir werfen einen Blick in die Kristallkugel und informieren über Neuerungen, die unsere Arbeit in den kommenden Jahren prägen werden.

Entwicklungen bei der Personalpauschale
Im Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) wird es wohl erst im Dezember 2022 zu einer Gehaltssteigerung von 2,8 Prozent kommen. Ein kleiner Trost für die Beschäftigten: Bis zum März 2022 werden sie eine Corona-Prämie von 1.300 Euro erhalten. Nach allem was man momentan hört, wird aktuell ermittelt, wie dieser Betrag für das Kostenblatt umgerechnet wird. Man darf gespannt sein – schließlich stellt der zweite Corona-Winter die Beschäftigten bei den freien Trägern gerade vor die gleichen immensen Herausforderungen wie die Mitarbeitenden bei den Berliner Eigenbetrieben.

Hauptstadtzulage weiter nur für die wenigsten
Dass gleicher Lohn für gleiche Arbeit in Berlin alles andere als selbstverständlich ist, sehen die Beschäftigten bei den freien Trägern seit über einem Jahr Monat für Monat auf ihrem Gehaltszettel: Doch da wo eigentlich 150 Euro Hauptstadtzulage stehen sollten, wird bei ihnen auch 2022 eine Lücke klaffen. Gerüchten zufolge hatten die Verhandelnden der Senatsverwaltungen kein Mandat von der Politik, um die Zulage künftig auch den freien Trägern zu gewähren. Schade eigentlich, denn die Spitzenpolitikerinnen und -politiker aller Parteien hatten sich im Vorfeld der Wahl nicht nur in Gesprächen mit uns, sondern auch an anderen Stellen mehrfach gegen diese Ungerechtigkeit ausgesprochen. Umso bizarrer, dass die Verhandlungsführenden der Verwaltungen scheinbar auch keine Argumente für die gegenwärtige Regelungen vorbringen konnten und stattdessen mit dem Finger auf die Politik zeigen. Wir halten fest: Die gegenwärtige Konstruktion zur Hauptstadtzulage findet scheinbar niemand gerecht oder nachvollziehbar. Dennoch kam sie zustande und bleibt uns jetzt auch noch erhalten. Das gibt es wohl nur in Berlin – eigentlich müssten wir 150 Euro Schmerzensgeld pro Monat fordern!

Keine Bewegung beim Eigenanteil
Auch bei einem anderen Punkt setzt man auf Kontinuität: Der 5%-Eigenanteil, den freie Träger für den wirtschaftlichen Betrieb ihrer Einrichtungen erbringen müssen bleibt in voller Höhe bestehen. Er wird nicht abgesenkt obwohl es immer weniger Möglichkeiten gibt, den fehlenden Betrag in der Refinanzierung zu erwirtschaften. Aus Verhandlungskreisen hört man aber auch Positives: Immerhin sei erreicht worden, dass über diesen Punkt auch während der nächsten RV-Tag-Laufzeit diskutiert werden darf. Beeindruckend, wie hart verhandelt wurde!

Änderung bei den Sachkosten und weitere Steigerungen
Die Sachkostenpauschale wird im kommenden Jahr nach Verbraucherindex voraussichtlich um 1,9 Prozent anwachsen – bei einer Inflationsrate, die aktuell bei rund 5 Prozent liegt. Diesen Zuschlag wird es auch in den darauffolgenden Jahren geben – die Grundlage bildet immer der Durchschnitt der Monate November bis Oktober des darauffolgenden Jahres.

Ergänzt werden die vorgenannten Erhöhungen um die jährlichen Aufhol-Steigerungen: Diese betragen im kommenden Jahr 2 Prozent und 2023 bis 2025 zwischen 1 Prozent und 2 Prozent. Demgegenüber stehen Mietkosten, die seit 2017 um rund 15 Prozent angestiegen sind und nach aktuellen Prognosen bis 2023 noch einmal um den gleichen Wert verteuern. Heiße Steine gibt es also reichlich – Tropfen eher weniger.

Die Verwaltungskostenpauschale im Bildungs- und Teilhabepaket steigt auf 65 Cent pro Kind. Hinzu kommen in 2022 noch 2,50 Euro pro Kind aus dem Gute Kita-Gesetz zur Förderung digitaler Infrastruktur.

Altes bleib alt – Neues bleibt außen vor
Mit Blick auf Sanierungsmittel außerhalb des Kostenblatts hat man festgestellt, dass diese kein Verhandlungsgegenstand des RV-TAG sind – und damit nicht verhandelt werden konnten. Außerdem haben die Verhandlungspartner dem Vernehmen nach entschieden, dass der Rahmenvertrag bei geänderten Verhältnissen nicht einfach angepasst werden darf. Dass die Zukunft Veränderungen mit sich bringt ist übrigens ab sofort nicht erwünscht!

Neue Pflichten und Rückforderung wegen Unterschreitungen des Personalschlüssels
2022 wird auch neue Pflichten für Berliner Kita-Träger mit sich bringen: Anfragen aus dem Kita-Navigator müssen binnen sechs Wochen beantwortet werden. Vielleicht kann man die Eltern bei der Gelegenheit auch einmal darauf hinweisen, dass ihre Anfragen vom System nach 90 Tagen gelöscht werden. Zudem sollen die Träger verpflichtet werden, Änderungen im Platzangebot umgehend mitzuteilen.

Wenn sich bewahrheitet was aus den Verhandlungskreisen bisher nach außen gedrungen ist, dann wird der zum Jahresende unterzeichnete RV-TAG noch ein ganz besonderes Bonbon mit Blick auf den Fachkräftemangel beinhalten: Bei einer anhaltender Personalunterschreitung von mehr als 5 Prozent kann das Land Berlin Geld zurückfordern. Maßgeblich ist die durchschnittliche Unterschreitung pro Kalenderjahr – sie wird im Frühjahr 2024 erstmals für das Jahr 2023 ermittelt. Es soll eine einrichtungs- und eine trägerbezogene Betrachtung geben. Hat der Träger bei einer akuten Unterbesetzung alle Möglichkeiten zur Personalgewinnung ausgeschöpft, muss er die Kita-Aufsicht über die anhaltende Personalknappheit informieren. Bezieht er die Eltern mit ein, kann er in einem solchen Fall auch Betreuungsverträge befristet anpassen. Wir sind baff! Das ist auch eine Möglichkeit, dem Fachkräftemangel und dem Kita-Platz-Mangel Herr zu werden: Die Kinder einfach aus der Kita entfernen.

Dank der unendlichen Kreativität der RV-Tag-Verhandlungspartner blicken die Familien, die Kinder und Träger in der Stadt zwar keiner rosigen – aber sicherlich einer immens spannenden Zukunft entgegen. Wir wollen doch positiv denken.