Warum wir einen Digitalpakt für Kitas brauchen

Brauchen wir einen Digitalpakt für Kitas und wenn ja, wie soll er aussehen? Diese Frage zog sich als roter Faden durch das Plenum Frühpädagogik mit dem Themenschwerpunkt Digitalisierung. Dazu hatten der Träger Fröbel Bildung und Erziehung gGmbH, die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ und der Trägerverbund „Kita-Stimme.berlin“ am 22. November etwa 120 Teilnehmer ins Ludwig-Erhard-Haus eingeladen.

Das Fazit vorweg: Ja, wir brauchen dringend einen Digitalpakt für Kitas.

  • Damit Kitas als Bildungseinrichtung definiert und wahrgenommen werden und weniger als Betreuungseinrichtung.
  • Damit Digitalisierung in den Kitas endlich als Selbstverständlichkeit in die Bildungspläne der Politik aufgenommen wird.
  • Damit Ziele formuliert und Programme aufgesetzt werden, wie Kitas ihre Aufgaben in der frühkindlichen Bildung zeitgemäß mithilfe digitaler Werkzeuge erfüllen können.
  • Damit Fachkräfte für digitale Aufgaben grundlegend und flächendeckend qualifiziert werden können.
  • Damit digitale Geräte, die Eltern aller Bildungsschichten zuhause wie selbstverständlich nutzen, in Kitas sinnstiftend eingesetzt werden können – um damit kreativ zu sein, zu entdecken und spielerisch zu lernen, nicht jedoch für den digitalen Konsum.
  • Damit Digitalisierungs-Programme systematisch wissenschaftlich evaluiert werden.
  • Und ja, auch damit am Ende mehr Geld in die Kitas fließt, denn die Ansprüche an den Bildungsauftrag der Kitas sind gestiegen.

Ja, mach nur einen Plan! (Bertolt Brecht)

Doch wie kommt man zu einem sinnvollen Plan? Der Missstand ist schnell identifiziert: Viele Kinder haben Defizite, wenn sie eingeschult werden. Die Kitas sollen es richten. Wenn es um den Erwerb vorschulischer Kompetenzen geht, sollten im digitalen Zeitalter natürlich auch digitale Medien im Werkzeugkasten liegen. Doch die Diagnose von Bildungsforscher Olaf Köller (Uni Kiel) lautet: „Die Mehrzahl der Kitas hat Nachholbedarf bei der Digitalisierung“. Obwohl in den elterlichen Haushalten digitale Geräte schon lange Teil der Lebenswirklichkeit von kleinen Kindern sind.
Die Corona-Pandemie war für einige Kitas ein Trigger, digitale Medien einzusetzen. Doch es fehlt an einem flächendeckenden Aufbruch. Einzelne, größere Träger leisten bei der Digitalisierung vieles in Eigeninitiative, doch viele Kitas hinken hinterher. Wie lässt sich diese digitale Asymmetrie in den Bildungseinrichtungen der Frühpädagogik überwinden?
Geld alleine ist keine Lösung. Die eklatanten Mängel bei der Umsetzung des Digitalpakts für Schulen zeigen, dass es nicht reicht, das finanzielle Füllhorn (des Bundes) über Bildungseinrichtungen auszuschütten. Obwohl Tablets finanziert und angeschafft wurden, liegen viele Geräte ungenutzt herum. Denn es fehlte an einem durchdachten Plan.

Finanzierungsbingo zwischen Bund und Ländern dominiert die Debatten

Allzu oft wird die Bildungs-Debatte bestimmt von dem Finanzierungsbingo zwischen verschiedenen für Kitas zuständigen Stellen in Bund und Ländern. Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie in Berlin stellt den Kitas 2,50 pro Kind pro Monat für die Digitalisierung zur Verfügung. Bundesfamilienministerin Lisa Paus verspricht mit dem neuen Kita-Qualitäts-Gesetz für die kommenden zwei Jahre vier Milliarden Euro Bundeszuschuss für die Kitas, wovon sich etwas für die Digitalisierung abzweigen ließe. Doch es mangelt an Zielgerichtetheit: Die Gelder sind nicht an konkrete inhaltliche Programme gebunden.
Weil sich Bund und Länder über qualitative Kriterien nicht einig wurden, steht es den Ländern nun völlig frei, wofür sie die Zuschüsse einsetzen wollen. Viele nutzen sie zum Beispiel, um den Eltern die Kitagebühren zu erlassen. Qualitätskriterien, wie einen einheitlichen Personalschlüssel zu verabschieden, fielen dagegen unter den Tisch. „Es war ein Fehler der Bundesregierung, ein Geld-Buffet aufbauen, wo sich alle nach Gusto bedienen können“, sagt Stefan Spieker, Geschäftsführer des Trägers Fröbel.

Die Rufe nach einer gemeinsamen Bildungspolitik werden lauter

Die lähmenden Bund-Länder-Debatten, wenn alle sich kloppen und am Ende nur ein Minimal-Konsens herauskommt, wecken den Wunsch nach mehr übergeordneter inhaltlicher Steuerung. Wirksamer sei es, für die Digitalisierung auf Bundesebene konkrete Ziele und eine inhaltliche Basisausgestaltung zu definieren, so dass die Länder diese Programme anschließend nachhaltig verankern können, sagt Spieker.
Julia Knopf arbeitet seit eineinhalb Jahren als Vorstandsmitglied im Didacta -Verband daran, dem Thema Digitalisierung in Kitas mehr Aufmerksamkeit zu verschaffen. Die Professorin für Fachdidaktik (Uni Saarland) bestätigt: „Ich spüre, dass die Rufe nach einer gemeinsamen Bildungspolitik in den letzten Monaten lauter geworden sind. Das wird noch zu wenig diskutiert.“ Knopf plädiert dafür, statt der Landesinteressen übergeordnete inhaltliche Fragen in den Vordergrund zu stellen. Und einstweilen den Spielraum und die Kompetenzen im Netzwerk zu nutzen, um die trockene Prosa in den Bildungsplänen der Politik durch konkrete Ideen mit Leben zu erfüllen.
Wertvollen Input, wie Digitalisierung in Kitas mit einem integrierten Konzept auf solide Füße gestellt werden kann, liefert beispielsweise das Bayerische Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz (IFP) l ifp.bayern.de .
Ein Blick auf die Webseite des Forums Bildung Digitalisierung kann ebenfalls wertvolle Hinweise für den strukturierten Wandel liefern netzwerk-bildung-digital.de

Gibt es ein Ziel und die Haltung, dass Veränderung notwendig ist, dann kann auch ein Plan folgen, der technische Ausstattung, Fortbildung, Kommunikation und Austausch konkretisiert. Auf dieser soliden Basis könnte die Einsicht besser reifen, dass digitale Bildung finanziert werden muss. Zuerst zum Wohl der Kinder. Und letztlich auch zum Wohl des Arbeitsmarktes und der Gesellschaft.

Das Zitat der Veranstaltung

„Bildungspolitiker sind auch lernfähig. Es ist nicht nachgewiesen, dass sie keine Plastizität des Gehirns mehr hätten“
Michael Fritz, Vorstandsvorsitzender Stiftung „Haus der kleinen Forscher“

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