Warum die Klage für die Zahlung der Hauptstadtzulage an alle Träger abgewiesen wurde

Im März letzten Jahres hat der Evangelische Kirchenverband für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord mit Unterstützung von Kita-Stimme.berlin gegen die aktuelle Regelung zur Hauptstadtzulage geklagt. Jetzt hat der Träger in einer Veranstaltung darüber informiert, warum die Klage abgewiesen wurde.

150 Euro extra pro Monat – aber nur für die Beschäftigten der landeseigenen Kitas. Mitarbeitende bei freien Trägern gehen bei der Hauptstadtzulage seit Jahren leer aus. Der Missmut in der Berliner Kita-Landschaft über diese Regelung ist groß. Dennoch ist eine entsprechende Klage des Evangelischen Kirchenverband für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord jetzt gescheitert. Mehrere Träger aus unserem Bündnis hatten diesen Rechtsstreit solidarisch finanziert – Hintergründe zur Klage finden Sie hier.

Die Gründe für die Klageabweisung hat der Rechtsanwalt Dr. Christoph Baum diese Woche auf einer Informationsveranstaltung erläutert, zu der der klagende Träger geladen hatte. Ziel war es, den Erkenntnisgewinn aus der Urteilsbegründung mit den anwesenden Gästen zu teilen. Anwesend waren Vertreter und Vertreterinnen aus der der LIGA Berlin und aus weiteren Verbänden, DKV und VKMK, sowie engagierte Kita-Träger.

Die Klageabweisung stützt sich auf drei Pfeiler:

Erstens reicht es nach Ansicht des Gerichts nicht aus, das Land Berlin einseitig zur Anpassung des RV-Tag zu verpflichten – die Zahlung der Hauptstadtzulage für alle Träger müsste hier nämlich erst noch aufgenommen werden. Nötig sei vielmehr ein Einvernehmen aller an der Aushandlung dieses Vertrags beteiligten Parteien. Falls einzelne Träger also künftig einmal ähnliche Klageverfahren anstreben, genügt es womöglich nicht, die Klage nur an das Land Berlin zu richten – denn der vorliegenden Argumentation des Gerichts zufolge müssten dann alle Verhandlungspartner einbezogen werden.

Zweitens weißt die Kammer darauf hin, dass sich auch aus dem Gleichbehandlungsgebot öffentlicher und freier Träger nach dem SGB VIII kein Anspruch auf die Zulage ableiten lässt. Dem Gericht zufolge ist es nicht ersichtlich, dass freie Träger den Einrichtungsbetrieb nicht auch ohne diese Leistung aufrecht erhalten können. Auch die Trägervielfalt ist demnach hierdurch nicht gefährdet. Zudem weist das Gericht darauf hin, dass die öffentlichen Träger in Berlin nur rund 18 Prozent der Berliner Kita-Fachkräfte beschäftigen – eine Zulage von 150 Euro pro Monat falle so nicht wesentlich ins Gewicht und verschaffe auch keinen großen Vorteil bei der Personalgewinnung.

Drittens sieht das Gericht auch keinen Anspruch auf die Gewährung der Hauptstadtzulage, wenn man das allgemeine Gleichbehandlungsgebot aus dem Grundgesetz zugrunde legt. Da in der RV-Tag die Finanzierung der öffentlichen und der freien Träger bestimmt wird, gelten innerhalb dieses Regelwerks für alle dieselben Bedingungen. Die Zahlung der Hauptstadtzulage an die öffentlichen Träger wird außerhalb des RV-Tags geregelt. Auch wenn das Land Berlin die letztgenannte Regelung allein verantwortet, so werden die Kostenpauschalen im RV-Tag dennoch gemeinsam mit Partnern verhandelt. Und selbst wenn das Gericht hier eine Ungleichbehandlung sehen würde, käme es dennoch zu dem Schluss, dass die Gewährung der Zulage ausschließlich für Landesbeschäftigte gerechtfertigt ist. Denn mit der Steigerung der Attraktivität bei der Personalgewinnung liege ein hinreichend sachbezogener Grund vor.

„Wir bedauern, dass das Gericht unserer Argumentation nicht gefolgt ist“, sagt Kathrin Janert, die Vorständin des Evangelischen Kirchenverband für Kindertageseinrichtungen Berlin Mitte-Nord. „Dennoch respektieren wir die Entscheidung natürlich – auch wenn sie eine schlechte Nachricht für die gesamte Berliner Kita-Landschaft ist.“

Was können wir aus dem Urteil für die Zukunft lernen?

  1. Wir haben unsere Klage nur an den Senat gerichtet, der aber nur einer der Verhandlungspartner der RV-Tag Finanzierung ist. Wir hätten unsere Klage aber an alle Verhandlungspartner, also auch an die Liga der Wohlfahrtsverbände, richten müssen.
  2. Entgegen unserer Annahme wäre eine Sammelklage, also zum Beispiel von allen Bündnispartnern der Kita-Stimme.berlin (33 Träger, wir vertreten ca. 34.000 Kita-Plätze!) sinnvoller und nicht teurer gewesen. Wir hätten dann am Beispiel aller Träger zeigen können, wie sich die Zulage auf die Personalakquise bei den freien Trägern auswirkt. Der ev. Träger allein hatte keinen Beispielcharakter.
  3. Das Land hat in seiner Argumentation nicht abgestritten, dass es sich auch künftig mit Zahlungen außerhalb der RV-Tag einen Vorteil bei der Personalgewinnung verschaffen will. Das Verwaltungsgericht sieht das auch als rechtens an.
  4. Sofern die freien Träger künftig gegen geplante Zahlungen des Landes an Bedienstete der Eigenbetriebe vorgehen wollen gilt: es wäre aussichtsreicher gewesen, die Zuzahlung anzufechten als sie auch für alle freien Träger zu verlangen. Das wollte die Kita-Stimme natürlich nicht, aber so ist die Logik bei Gericht. Allerdings scheint das Gericht auch zu glauben – auf Grundlage der Senatsdaten – dass es den freien Trägern selbst ohne Sonderzulage möglich gewesen wäre, die Hauptstadtzulage an deren Mitarbeitende zu bezahlen. Es ist also wichtig, valide und aktuelle Zahlen vorzulegen Dann warten wir jetzt auf Zahlen, die wir gerade ermitteln.

Wir werden weiter für gute Rahmenbedingungen für den Kita-Betrieb in der Hauptstadt eintreten. Eine Klage ist immer nur das letzte Mittel, um auf Missstände hinzuweisen. Besser ist, sich frühzeitig mit allen zu verständigen und gemeinsam die Krise zu meistern.