Weitere Kommentare zum Kita-Chancenjahr, Gerichtsurteile mit Auswirkung und die anstehenden Warnstreiks in den Kitas prägten die Woche.
Wird das Kita-Chancenjahr dazu führen, dass diejenigen Berliner Kinder, die es am nötigsten haben, rechtzeitig vor der Einschulung die benötigte Sprachkompetenz erwerben können? Verbände und Träger begrüßen ja grundsätzlich das Kernvorhaben des Senats, Familien automatisch mit Gutscheinen zu versorgen, und Kinder, die nicht richtig deutsch sprechen wenigstens ein Jahr vor der Einschulung für mindestens 35 Stunden in eine verpflichtende Sprachförderung in die Kita zu schicken.
Sorgenfalten ziehen jedoch bei der Frage auf, ob dieser vernünftig klingende Politik-Plan in der Praxis mehr Erfolg haben kann als die Maßnahmen, die es bislang schon gab, und die nicht erfolgreich umgesetzt werden konnten. Kitas, die diese Förderung umsetzen müssen, dürften dabei „nicht vergessen werden“, schreibt beispielsweise Nicole Dolif in der „Mopo“. Nur wenn genügend Zeit und Personal vorhanden sei, könnten Kinder gezielt gefördert werden.
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Skepsis hält auch die Autoren von „news4teachers“ wach: „Erstens erscheint die Maßnahme viel zu klein – zweitens fehlt es an Kita-Personal, das eine zusätzliche Förderung stemmen könnte“. Fröbel-Geschäftsführer und IHK-Vize Stefan Spieker begrüßte im dem Bildungs-Newsdienst zwar die Maßnahmen des Senats. Doch auch Spieker fragt sich, ob „für das ehrgeizige Vorhaben genügend Kapazitäten vor Ort vorhanden sind“. Er sagt:
Zitat der Woche I
„In Bezirken mit besonders hohem Migrationsanteil und aktuell geringer Teilhabequote an der Kita-Betreuung muss sicher noch nachgelegt werden, damit das Ziel auch erreicht wird.“
news4teachers
Denkbar wäre ein Pakt mit Trägern, die sich vorrangig um die Aufnahme dieser Kinder kümmern wollen. Auch eine finanzielle Anreizstruktur könnte dazu beitragen, dass die betreffenden Familien nicht erneut durchs Raster fallen, sagt Spieker.
Und in Berlin muss sich noch mehr ändern, Grund ist ein Gerichtsurteil aus Leipzig:
Legal Affairs I
Dort hat das Bundesverwaltungsgericht die in Berlin seit 1.September 2018 geltende Obergrenze für Kita-Zuzahlungen einkassiert. Freie Träger hätten das Recht, Mehrkosten durch höhere Zuzahlungen zu decken – statt sie wie bislang bei 90 Euro pro Monat zu deckeln. Das Land darf deswegen seine Betriebskostenzuzahlungen nicht kürzen und muss 200 000 Euro an die klagende Kita-Trägerin zurückzahlen.
(Berliner Morgenpost)
Damit begann in Berlin das Rätselraten, ob und wann Berliner Eltern mit höheren Beiträgen zu rechnen hätten. Eine erste Recherche von Tagesspiegel-Autorin Susannen Vieth-Entus ergab: Zunächst nicht – wenigstens bis Sommer 2024. Dann ist mit Inflationsanpassungen zu rechnen. Die Senatsverwaltung prüft, wie sie dem Gerichtsurteil gerecht werden kann, ohne ihr Ziel aus den Augen zu verlieren, auch den Kindern einkommensschwächerer Familien den Zugang zu allen Kitas zu ermöglichen.
(Tagesspiegel)
Zitat der Woche II
„Es gilt weiterhin der Grundsatz, dass jeder Träger grundsätzlich verpflichtet ist, auf Wunsch der Eltern einen Platz anzubieten, für den keine Zuzahlungen entstehen. Diese Regelung hat das Gericht auch nicht beanstandet“.
(Beate Schulte zu Sodingen, Anwältin und Partnerin der Potsdamer Kanzlei Dombert, die die Klägerin vertreten hat, Tagesspiegel)
In dieser Woche der Rechtsprechung gab es noch ein weiteres Gerichtsurteil, das die Kita-Träger interessieren dürfte:
Legal Affairs II
Das Münchner Landgericht hat einen Betreuungsvertrag gekippt, der lediglich dem Träger das Recht auf vorzeitige Vertragskündigung zugestanden, nicht aber den Eltern. Diese hatten geklagt, weil die Kita mehrere tausend Euro für eine Betreuung verlangt hatten, die gar nicht stattgefunden hatte. Die Eltern hatten die Verträge ein dreiviertel Jahr zuvor aus familiären Gründen gekündigt.
br.de
Dann wäre das auch mal klargestellt. Zurück nach Berlin.
Dort müssen Eltern von diesem Donnerstag an mit Warnstreiks des Berliner Kita-Personals rechnen. Die Gewerkschaft Verdi hatte dazu aufgerufen, nachdem eine Tarifrunde ergebnislos geblieben war. Verdi rechnet wegen einer hohen Streikbeteiligung damit, dass Kitas geschlossen bleiben.
rbb24.de
Während die FAZ gegen den angeblichen Gebärstreik mancher Zeitgenossinnen aus Gründen des Klimawandels argumentiert, analysiert der MDR die Diskrepanz zwischen tatsächlichem Kinderwunsch (2 Kinder) und hinter diesem Wunsch zurückliegenden Geburtenrate. Hauptgrund sei die oftmals fehlende Vereinbarkeit zwischen Familie und Beruf.
mdr.de
Augenmerk sollte ebenfalls auf die Vereinbarkeit von pädagogischen Fachkräften mit ihrem Arbeitsalltag gelegt werden, um zu verhindern, dass die ausgelaugten Fachkräfte ihrem Beruf den Rücken kehren. Erhellendes liefert eine Studie der Fachhochschule Bielefeld.
Lese-Tipp:
Transparenz hilft: Wie sich die Arbeits-Zufriedenheit von Kita-Fachkräften verbessern lässt, erhellt der Fachbereich Sozialwesen der Fachhochschule Bielefeld (HSBI) mit einer Studie. Ein lesenswertes Interview mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin, Doktorandin und Pädagogin Anne Ruppert.
kinderzeit.de
Schönes Wochenende!
Ihre Kita-Stimme.berlin