Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und Staatssekretär Falko Liecke stellten diese Woche ihr Konzept für das Kita-Chancenjahr vor. Die spannende Frage: Kann das Konzept die Erwartung erfüllen, Kinder die das besonders nötig haben, besser als bislang sprachlich fördern und ihre Familien erreichen?
Das Kernvorhaben: Kinder, die nicht richtig deutsch sprechen und nicht in einer Kita betreut wurden müssen mindestens ein Jahr vor der Schule für jeweils 35 Stunden pro Woche eine Kita oder Sprachförderangebote freier Anbieter besuchen.
Nach den Plänen von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und Staatssekretär Falko Liecke sollen alle Kinder im Alter von drei Jahren ab dem Kita-Jahr 2025/2026 automatisch einen Kita-“Willkommensgutschein” zugesandt bekommen. Für Kinder, die daraufhin nicht in der Kita auftauchen und bei der späteren „Sprachstandsfeststellung“ Defizite aufweisen, greift dann das verpflichtende “Kita-Chancenjahr”. Es geht dabei vor allem um die 2000 Nicht-Kita-Kinder in Berlin, von denen aller Erfahrung nach um die 80 Prozent sprachliche Defizite mitbringen.
n-tv.de.
Und hier geht es zur Original-Präsentation der Senatsverwaltung.
Der Verband der kleinen und Mittelständischen Kitaträger VKMK begrüßt die Pläne der Senatorin grundsätzlich. Laut Geschäftsführer Lars Békési legt der VKMK besonderen Wert darauf, die Beschäftigten ergänzender Sprachfördergruppen, die es derzeit außerhalb der Kitas gibt, mit einzubeziehen. Wichtig sei es, Fort- und Weiterbildungsangebote für diese Personen zu schaffen und ihnen eine Übernahme in die multiprofessionellen Kita-Teams zu ermöglichen. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass das Kita-Chancenjahr nicht den notwendigen Erfolg erzielen könne, da schlichtweg das benötigte pädagogische Fachpersonal fehle.
sueddeutsche.de
Hartmut Horst, Initiator der Kita-Stimme..berlin, war auf der Pressekonferenz vor Ort.
Sein Kommentar der Woche:
„Insgesamt ist es wünschenswert, wenn wir freien Träger in enger Kooperation mit Verwaltung und Senat ein solches Konzept 2024 durchsetzen können. Man sollte sich auch nicht davon abschrecken lassen, dass eine Regelung zum Spracherwerb für Nicht-Kita-Kinder schon seit 15 Jahren besteht – und nicht funktioniert hat. Aus unserer Sicht ist die Senatsverwaltung zu optimistisch, was den Bedarf an Kita-Personal und Kita-Plätzen anbelangt“.
Um mehr Transparenz über die tatsächliche Lage zu schaffen, erhebt die Kita-Stimme Berlin bei Berliner Trägern derzeit detaillierte Daten.
Zitat der Woche
„Die nötigen 3000 bis 4000 Plätze zum Spracherwerb sind vorhanden. Liga und Eigenbetriebe waren ganz entspannt – ja, das kriegen wir hin“.
(Staatssekretär Falko Liecke auf der Pressekonferenz zum Kita-Chancenjahr)
Es liegt nicht nur, aber auch am Geld, dass über 12.000 Kita-Plätze in Berlin nicht angeboten werden, obwohl sie auf dem Papier eigentlich existieren. Bezahlung unter Wert und Arbeitsüberlastung von Fachkräften wegen anhaltenden Personalmangels treiben die Erziehenden an den Rand des Nervenzusammenbruchs. Jule Meier analysiert in Neues Deutschland die Folgen der chronischen Unterfinanzierung in der frühkindlichen Bildung.
nd-aktuell.de
Und bei jeder (vorhersehbaren) herbstlichen Erkältungswelle grüßt das Murmeltier. Gerade in kleinen Berliner Kitas ist die Personallage jetzt schon angespannt, obwohl die Erkältungswelle gerade erst losgeht. Die bereits seit Jahren andauernde Überbelastung produziert Burnouts und Berufsflucht, was den Mangel weiter verschärft.
(Berliner Morgenpost)
Zahl der Woche I
2022 lag die Fluktuationsquote von Kita-Personal bei zehn Prozent. Das ist mehr als dreimal so hoch als die bislang zugrunde gelegte Fluktuationsquote von drei Prozent.
(offizieller Befund des aktuellen Kita-Entwicklungsplans via Berliner Morgenpost)
Zahl der Woche II
2012 kamen noch 142 arbeitslos gemeldete Erzieherinnen und Erzieher auf 100 offene Stellen, 2022 waren es 62. Die Zahl der Stellenangebote ist in den letzten drei Jahren um 20 Prozent gestiegen.
(WiFF-Fachkräftebarometer Frühe Bildung, kinderzeit.de)
Mehr Wertschätzung für die frühkindliche Bildungsarbeit durch bessere Bezahlung wäre eine Möglichkeit, dem Notstand in den Kitas entgegenzuwirken. Um bessere Gehälter streitet derzeit die Gewerkschaft Verdi mit Bund und Kommunen. Es geht um 10,5 Prozent und mindestens 500 Euro mehr Gehalt im Monat. Wenn sich die Arbeitgeber nicht bewegen, müssen sich Eltern in Berlin auf Warnstreiks in den landeseigenen Kitas einstellen.
(Tagesspiegel)
Nur mit einem Bündel aus Maßnahmen ist dem strukturellen Personalmangel beizukommen. Zur Auffrischung empfehlen wir einen erneuten Blick in das von unserem Trägerbündnis Kita-Stimme.berlin erarbeitete, umfassende Paket an praktikablen Vorschlägen.
Lese-Tipp I
Professor Samuel Jahreiß unterzieht die Kindertagesbetreuung in Ost und West vor der Wiedervereinigung einer eingehenden Analyse. Im Westen galt die Krippen- und Hortbetreuung lange als Notlösung – vor allem für alleinerziehende Elternteile. Ein lesenswertes Stück Zeitgeschichte im Erziehungssektor. Hier geht es zum Download >>>
Lese-Tipp II
Kleinkinder vor das Tablet setzen? Eltern müssen kein schlechtes Gewissen haben, wenn ihr Kind nach einem 8-Stunden-Tag in der Kita Videos schauen will, sagt die Wiener Medienforscherin Anna Felnhofer.
zeit.de
Bleiben Sie heiter, und vor allem: Bleiben Sie dran!
Ihre Kita-Stimme.berlin