Presserückblick KW 42

Mit bereits vorschulisch angelegter Bildungsungerechtigkeit, mangelnden wissenschaftlichen Entscheidungsgrundlagen und Absenken der Bildungsniveaus beschert sich Deutschland seine Bildungsmisere selbst. Die Psychologin und Bildungsexpertin Verena Friederike Hasel hat sich in Ländern wie Finnland umgeschaut, wo es besser läuft, und dem „Tagesspiegel“ ein lesenswertes Interview gegeben.

Darin kommt Hasel zu dem Schluss, dass sich der Bildungsföderalismus in Deutschland als Bremse für ein ideologiefreies, zukunftsfähiges Bildungssystem erwiesen hat. In Ländern wie Finnland versteht man nicht, warum das wichtige Thema Bildung hierzulande nicht zentraler gesteuert wird.

Weil es so wichtig ist, hier drei grundlegende Erkenntnisse:

Zitat der Woche I
„Wir schützen Kinder am besten vor Armut, wenn wir direkt in die Kindergärten und Schulen investieren“.

Zitat der Woche II
„Berlin gibt mehr Geld als andere Bundesländer für Bildung aus und erzielt trotzdem miserable Ergebnisse. Das Problem ist, dass in Berlin ein Wildwuchs an verschiedenen Programmen herrscht, die weder evaluiert noch miteinander verzahnt sind“.

Zitat der Woche III
„In Finnland, Neuseeland oder anderen Ländern mit guten Schulsystemen spielen politische Meinungen eine nicht so große Rolle. Entscheidungen werden wissenschaftsbasiert getroffen und nicht ideologisch“.
(alle Zitate: Psychologin und Sachbuchautorin Verena Friederike Hasel (Das krisenfeste Kind – Lernen für die Welt von morgen, Verlag Kain & Abel) im Interview mit dem Tagesspiegel)

Jobflucht
Schauen wir doch gleich einmal dahin wo es weh tut: Ein Drittel der Erzieherinnen und Erzieher hat sich nach fünf Jahren bereits wieder aus dem Berufsfeld verabschiedet, viele gehen bereits im ersten Jahr. Die alarmierenden Zahlen aus einem Bericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung Baden-Württemberg werfen ein Schlaglicht auf die Arbeitsbedingungen der pädagogischen Fachkräfte.
news4teachers.de

Manche Länder suchen die Antwort auf den sich verschärfenden Fachkräftemangel nun in größeren Kita-Gruppen. Bei allem Pragmatismus: Das ist kein Zukunftsmodell!
swr.de

Wie es besser geht, haben wir in einem detaillierten Dossier erarbeitet. Hier entlang.

In Berlin veranstaltet die Bildungssenatsverwaltung zweimal im Jahr Deutschlands größte Bildungs-Job-Messe Berlin-Tag – auch Kita-Träger werben dort händeringend um jede neue Fachkraft oder Quereinsteigerinnen – wie gerade kürzlich.

Legal Affairs
Für die freien Kita-Träger Berlins ist dabei nicht hilfreich, dass sie, anders als die landeseigenen Kitas, für ihre Mitarbeitenden nicht in den Genuss einer Hauptstadtzulage von 150 Euro extra im Monat kommen – aus ihrer Sicht eine Schieflage. Der Evangelische Kirchenverband für Kindertageseinrichtungen hatte dagegen geklagt – unterstützt von der Kita-Stimme.berlin. Leider wurde diese Klage kürzlich abgewiesen, auch aus formalen Gründen. Einer der Gründe: Die Zulage wird außerhalb der Rahmenvereinbarung zwischen Land und Kita-Trägern gewährt (RV-Tag). Aussichtsreicher wäre offenbar gewesen, die Zuzahlung anzufechten als sie auch für alle freien Träger zu verlangen. Was die freien Träger aus der Urteilsbegründung für die Zukunft lernen können, haben wir für Sie zusammengefasst. Hier entlang.

Zahlen, Zahlen, Zahlen

Belastbare Daten vorweisen zu können kann in strittigen Angelegenheiten oft das ausschlaggebende Moment für Veränderung sein – oder aber die Beharrungskräfte stärken. Die Senatsverwaltung hat nun aktuelle Zahlen vorgelegt, die Grundlage für die Entwicklung der Kita-Landschaft in den nächsten fünf Jahren sein soll. Der Bedarf scheint überschaubar: 2890 zusätzliche Kita-Plätze und 2700 Vollzeitstellen in den nächsten fünf Jahren hat der Senat errechnet und stellt sich ein gutes Zeugnis aus. berlin.de

Aus Sicht unseres Trägerbündnisses Kita-Stimme.berlin spiegeln die Senatsberechnungen nicht die tatsächliche Lage in den frühkindlichen Bildungseinrichtungen Berlins wider, und sie verschleiern schon jetzt den tatsächlichen Mangel an Kita-Plätzen und Personal. Wir haben deswegen unter Trägern eine tiefgehende Online-Umfrage aufgesetzt, die die tatsächliche Mangellage bei den Trägern genauer aufschlüsseln soll. Die Umfrage wird am 20.Oktober abgeschlossen sein und voraussichtlich bis Ende Oktober ausgewertet.
Wir bedanken uns bei den Trägern schon jetzt für die rege Teilnahme!

Lese-Tipp
Flickenteppichartiges Herumdoktern an der Bildungslandschaft wird jedenfalls die Bildungskrise im Land nicht beheben. Dieter Dohmen, Gründer Direktor des Forschungsinstitutes für Bildungs- und Sozialökonomie (FiBS) fordert deswegen einen neuen Bildungsgesellschaftsvertrag für Kita und Schule. Und macht konkrete Vorschläge wie ein milliardenschwerer Bildungsfond finanziert und die Bildungsinvestitionen orchestriert werden können. Lesenswert!
table.media

Wir bleiben dran!
Ihre Kita-Stimme.berlin