Presserückblick KW 38

Reden ist gut, Handeln noch besser. Als Kita-Stimme Berlin wollen wir deswegen nicht warten bis andere etwas tun. Wir unterbreiten praktikable Vorschläge an die Politik, mit denen sich der Mangel an Kita-Fachkräften in der Hauptstadt abmildern ließe. 4000 Fachkräfte fehlen in Berlin bereits jetzt. Und der Bedarf wird steigen.

Eine Arbeitsgruppe unseres Trägerbündnisses hat erarbeitet, mit welchen Maßnahmen sich sofort Effekte erzielen ließen – wie beispielsweise den Personalschlüssel dem realen Bedarf anzupassen – und welche Schritte die Politik mittel- bis langfristig einleiten müsste. Hier geht es zur knackigen Kurzübersicht der Vorschläge. In einem ausführlichen Dossier haben wir die strategischen Bausteine für eine gute Betreuung und Bildung unserer Kleinsten tiefergehend beleuchtet. Hier entlang >>>

Doch damit nicht genug. Wo es keine aussagekräftigen Daten gibt, da sieht die Politik auch wenig Handlungsbedarf. Die Senatsverwaltung verweist aufgrund ihrer Berechnungsgrundlagen darauf, es gebe in einigen Bezirken der Stadt bereits ausreichend Kita-Plätze und schließt daraus, die Kita-Träger würden ihre Betriebserlaubnis einfach nicht genügend ausschöpfen.
Wir haben deswegen beschlossen, mehr Licht in die Grauzone zu bringen. Noch bis 6. Oktober läuft eine umfassende, anonymisierte ONLINE-Befragung der Berliner Kita-Träger. Wir wollen ausleuchten, aufgrund welcher Ursachen Kitaplätze nicht aktiviert werden können. Unser Ziel: Eine belastbare Datenbasis zu schaffen, die die tatsächliche Lage transparent macht und als Entscheidungsgrundlage für politische Weichenstellung dienen kann.

Einerseits gibt es in Berlin bereits für die vorhandenen Plätze zu wenig Fachkräfte. Andererseits hat die Bertelsmann-Stiftung ermittelt, dass in Berlin 17 000 Kitaplätze fehlen. Es mangelt an bezahlbaren Räumen und immer mehr Kitas werden wegen steigender Mieten und befristeter Verträge aus ihrem Kiez verdrängt – aktuell sind 20 Kitas bedroht. Der RBB wirft einen Blick auf die Kita Känguru, die im Winskiez um ihren Verbleib kämpft.
rbb.de

Seit 2019 sind eine ganze Menge Kita-Fachkräfte in Deutschland aus dem Job ausgeschieden – ohne dass sie in anderen Jobs untergekommen wären. Es wäre eine Überlegung wert, mit welchen Maßnahmen sich dieser brachliegende Fachkräfte-Schatz in die Kitas zurückholen ließe:

Zahl der Woche
Über 76 363 ehemalige Kita-Fachkräfte könnten potenziell reaktiviert werden. Sie waren bis 2019 in der frühkindlichen Bildung beschäftigt, haben aber weder auf diesem Gebiet einen neuen Job angenommen, noch in einer anderen Branche.
(fachkraeftebarometer.de/Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte WIFF).

Passend zu den bundesweiten Protesten der Bildungswende JETZT!-Initiative wenden wir noch einen Blick auf die ungleiche Bildungschancen vieler Kinder in Deutschland:

Fakt ist, dass es in Deutschland viel zu sehr von der Herkunft der Eltern abhängt, ob Kinder den sozialen Aufstieg schaffen. Ökonomen und Bildungsforscher fordern mehr Investitionen in die frühkindliche Bildung. In Dänemark, wo der soziale Aufstieg laut OECD besser gelingt, besuchen viel mehr unter Dreijährige eine Kita. Deutschland überlässt es den Eltern, wie viel und was die Jüngsten lernen. Findet zu Hause keine Förderung statt, verkümmern die Talente der Kinder – ein Nachteil, der sie ihr Leben lang begleitet.
(Die Zeit)

Zitat der Woche
„Eine Erfassung der Kinder samt verpflichtenden Deutschkursen vor der Einschulung wäre nötig. Die gibt es aber in den meisten Bundesländern nicht. Eigentlich braucht jeder Schüler, jede Schülerin sogar einen individuell zugeschnittenen Förderplan. Jedes einzelne Kind bringt eine Vielzahl von Auffälligkeiten und Bedürfnissen mit. Aber wir haben nicht die Ressourcen, um dem angemessen zu begegnen.“
(Schulleiter Carsten Haack über die Sprachdefizite von Kindern an Brennpunktschulen im Interview mit Die Zeit)

In diesem Zusammenhang ist noch ein weiterer Befund interessant: 21,4 Prozent der Kita-Kinder in Deutschland sprechen zu Hause kein Deutsch und lernen die Sprache vorrangig in der Kita, teilte das Bundesfamilienministerium vor drei Jahren mit. Die Mehrsprachigkeit galt lange als Nachteil, doch Studien aus der Hirnforschung belegen inzwischen die Vorteile der Mehrsprachigkeit. Dabei sei wichtig, Kinder zuerst in ihrer vertrauten Sprache abzuholen und den parallelen Spracherwerb zu fördern. Mehrsprachige Bilderbücher haben sich dabei längst bewährt.
(Börsenblatt des deutschen Buchhandels)

Die angespannte Kita-Situation in vielen Großstädten nutzen nun ein paar pfiffige Stadtmarketer, um auf die Vorteile in ihren Städten aufmerksam zu machen:

Idee der Woche
Die sachsen-anhaltinischen Städte Wittenberg und Dessau umwerben gestresste Großstadteltern aus Leipzig und Berlin. „Wir haben zwar keinen Augustus- aber dafür einen Kitaplatz für Sie“, sendet beispielsweise das Stadtmarketing der Lutherstadt einen Lockruf nach Leipzig. In Berlin wirbt Wittenberg etwa an einer vielbefahrenen Kreuzung für ihre gute Luft nebst Kitaplätzen.
(Mitteldeutsche Zeitung)

Eltern hört die Signale!

Ihnen ein entspanntes Spätsommerwochenende

Ihre Kita-Stimme.berlin