Die Recruiting-Kampagne der Eigenbetriebe, der aktuelle Bildungsmonitor, Reaktionen auf die Kindergrundsicherung und mehr im Presserückblick der 35. Kalenderwoche.
Zwischen Fremdscham, Anerkennung und Empörung oszillieren die Reaktionen auf die Recruiting-Kampagne der landeseigenen Kitas, die auf die Suche nach Erziehungspersonal für die Kitas der Hauptstadt geht, indem sie provokativ die hässlichsten Seiten Berlins zeigt. Über einen Mangel an Aufmerksamkeit können sich die Macher jedenfalls nicht beklagen: Über eine halbe Million Mal wurde das Video auf Youtube inzwischen angeschaut.
Begeisterung kommt dennoch nicht so recht auf. Berlins Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch legt Wert darauf zu betonen, dass sie an der Produktion des Videos nicht beteiligt gewesen sei. Geschockt und beschämt gar zeigt sich die Berlin-Brandenburger Sektion der Gewerkschaft Verdi, die ein bisschen humorfrei die Professionalität des frühkindlichen Bildungsberufs insgesamt beschädigt sieht und fordert, den Werbeclip vom Netz zu nehmen. Die Macher verteidigen ihre Kampagne.
news4teachers.de
Bevor zu viel gute Laune aufkommt lenken wir den Blick auf den aktuellen Bildungsmonitor, den die Organisation Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft (INSM) regelmäßig für das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) erhebt. Berlin ist 2023 im Vergleich der Bundesländer auf den vorletzten Platz vor Bremen abgerutscht. Soziale Herkunft und Bildungs(miss)erfolg sind in der Hauptstadt mehr als anderswo verknüpft. Berlin will den Bildungsdefiziten 2024 mit Sprachtests, dem Kita-Chancenjahr und ab 2025 mit einem Kitapflichtjahr und Bußgeldern gegensteuern.
(Tagesspiegel, rbb24.de)
Dazu braucht es natürlich auch die nötige Kita-Dichte samt Fachkräften. Umso bedauerlicher sind Meldungen wie diese: Einer Kita, die Eltern in Eigeninitiative im Wins-Kiez aufgebaut haben, droht im August 2024 nach mehr als 20 Jahren Betrieb die Verdrängung durch unbezahlbare Mieterhöhungen. Um 1400 Euro ist die Miete in den vergangenen drei Jahren gestiegen, die Unterstützung des Senats ist dagegen eingefroren.
tagesspiegel.de (paid)
Wir geben uns diese Woche die volle Packung, die Ferien sind schließlich vorbei.
Nicht nur Brandenburgs Kitas laufen die Erzieherinnen davon. Einer der Gründe mag inzwischen auch sein, dass gestresste Eltern immer öfter durchdrehen und das Personal in Kita und Schule beschimpfen. Als Ursache für die steigende Aggression in der Mitte der Gesellschaft hat Matthias Schlenzka vom Gewerkschaftsbund Berlin-Brandenburg, unter anderem das allgemeine „Kaputtsparen öffentlicher Dienstleistungen“ ausgemacht.
(Die Welt)
Schauen wir weiter dahin, wo es wehtut. Zum Beispiel auch in die Bundespolitik.
Die Ampel hat die Kindergrundsicherung, die zu mehr Chancengerechtigkeit für sozial schwache Kinder führen soll, schwer atmend über die Ziellinie gehievt. Begeisterung stellt sich auch in diesem Fall nicht ein. Jedenfalls nicht bei Irene Becker, Volkswirtin und freiberufliche empirische Verteilungsforscherin. Bei den Berechnungen der nun bereitgestellten 2,4 Milliarden habe man eine Inanspruchnahme-Quote von 50 Prozent zugrunde gelegt. Obwohl die Reform eigentlich dazu führen sollte, dass bedürftige Familien die Leistungen für ihre Kinder leichter abrufen können. Man glaube offenbar selbst nicht an den Erfolg, schlussfolgert Becker in der FR.
(Frankfurter Rundschau)
Weitere Zweifel daran, dass die zukünftig real existierende Kindergrundsicherung tatsächlich eine Chancenverbesserung für armutsbetroffene Kinder bewirken kann, führt die „Tagesschau“ in einer kritischen Würdigung zusammen.
tagesschau.de
Zitat der Woche I
„Um tatsächlich die Kinderarmut abzuschaffen, bräuchte es einen größeren Impuls“.
(Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Neues Deutschland)
Zahl der Woche
Sechs Milliarden Euro könnte die Kindergrundsicherung zusätzlich kosten, wenn 80 Prozent aller Familien die ihnen zustehenden Leistungen beanspruchen.
(Bundesfamilienministerin Lisa Paus, Tagesspiegel)
Zitat der Woche II
„Gegen den Mangel an Kinderbetreuungsmöglichkeiten hilft die Kindergrundsicherung nicht“.
(aus dem Leitartikel von Markus Dettmer, spiegel.de /paid)
Und dann das: Im Haushalt 2024 plant die Bundesregierung im Haushalt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unterm Strich Einsparungen von 1,2 Milliarden Euro ein. Besonders betroffen vom Geldverschiebe-Spiel ist der Posten „Leistungsfähigkeit des Bildungswesens, Nachwuchsförderung“ – mit minus 1,6 Milliarden.
kinderzeit.de
Für diese Woche haben wir genug. Die Suche nach guten Nachrichten und hoffnungsspendenden Geschichten für’s Wochenende blieb ergebnislos.
Zehren Sie vorerst von Ihrer Sommer-Erholung und bleiben Sie stark!
Ihre Kita-Stimme.berlin