Seit dem 1. August vor 10 Jahren gibt es das Recht auf einen Kita-Platz. Die Bilanz, die allenthalben in den Medien gezogen wird, ist gelinde gesagt, ernüchternd. Dabei ist ja nicht so, dass nichts passiert wäre.
Doch die Investitionen und Maßnahmen reichen nicht aus und sind nicht koordiniert genug. Und es fehlen nach wie vor Hunderttausende Kita-Plätze. Und Personal.
„Welt“-Autorin Sabine Menkens verweist noch einmal auf den Bedarf, den die Bundesregierung in der Antwort auf eine Anfrage der Linksfraktion vom Mai dieses Jahres selbst zugegeben hat: Bereits 2021 fehlten 291 000 Plätze für Kinder unter drei Jahren. Bis 2030 geht die Regierung von einem zusätzlichen Bedarf von 310 000 Plätzen für diese Altersgruppe aus. Das fatale Signal: Trotz dieses offenkundigen Notstands plant der Bund nicht, ein weiteres Kita-Investitionsprogramm aufzulegen – anders als im Ampelvertrag beschlossen.
(Die Welt)
Zitat der Woche
„Die Bundesregierung begeht dieses Jubiläum (10 Jahre Recht auf Kitaplatz) mit donnerndem Schweigen. Worüber soll man auch berichten, wenn man nichts vorzuweisen hat?“
Heidi Reichineck, kinder- und jugendpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag in „Die Welt“)
Zahl der Woche
Fast 40 Prozent der befragten Beschäftigten in Kitas denken über einen Stellenwechsel nach und rund 25 Prozent darüber, aus dem Beruf auszusteigen. (Verdi-Studi von 2021 via lr-online.de)
Neu ist diese Zahl zwar nicht, aber wert, wiederholt zu werden, weil sie die Stimmung widerspiegelt, die durch die anhaltend angespannte Personallage in Kitas erzeugt wird.
Die Mangellage geht vor allem zu Lasten von sozial Schwachen und migrantischen Gruppen. So hat Berlin zwar schon vor 15 Jahren begriffen, dass Kinder nicht ohne Sprachförderung in die Schule geschickt werden sollten. Das Ergebnis 2023 heißt: 3000 Kinder tauchen nicht in der Kita auf, und nur von rund 200 ist bekannt, dass sie vorschulisch gefördert werden, schreibt Susanne Vieth-Entus im „Tagesspiegel“.
(Tagesspiegel)
Der Sachverständigenrat für Integration und Migration würdigt zwar die Fortschritte bei Ausbau und Reformen der frühkindlichen Bildung und nennt beispielhaft den Ausbau der Sprachförderung. Entwarnung gibt es aber nicht.: Die „Bedarfe zugewanderter Kinder würden noch nicht ausreichend berücksichtigt“, heißt es zurückhaltend. Dabei ist klar: Kinder, die nicht vor der Einschulung systematisch mit der deutschen Sprache vertraut gemacht werden, haben bei Schulbeginn nicht dieselben Startchancen wie andere Kinder.
(epd)
Nicht nur an Plätzen hapert es, sondern auch an Fachkräften. Um die akute Notlage abzumildern, will es Brandenburgs Jugendminister Steffen Freiberg (SPD) Kita-Trägern von Herbst an erleichtern, für bestimmte Aufgaben auch teilausgebildete Ergänzungskräfte einzustellen, die das pädagogische Personal entlasten sollen.
berliner-zeitung.de
Bei Eltern und Gewerkschaften stößt dieses Vorhaben allerdings auf Kritik. Sie fürchten um die pädagogische Qualität. Alltagshelfer oder Ergänzungskräfte werden in Bundesländern wie NRW oder Rheinland-Pfalz bereits eingesetzt. Man könnte ja mal genauer hinschauen, wie sich das bewährt.
(Märkische Allgemeine)
Klar ist, Ergänzungskräfte allein werden den Personalmangel nicht lösen. Es geht wie so oft darum, das eine zu tun und das andere nicht zu lassen und zu überlegen wie man den Beruf der Erzieherin attraktiver machen kann.
Die Kita-Stimme nimmt sich gerade dieses Themas an und wird demnächst eine fundierte Vorschlags-Sammlung präsentieren, mit welchen Weichenstellungen sich dem Mangel beikommen lässt. Sie dürfen gespannt sein.
Keine leichte Kost diese Woche. Bleiben Sie trotzdem stark!
Schönes Wochenende
Ihre Kita-Stimme.berin