Entwicklung des Kitaplatzbedarfs

Es ist sicher kein Zufall, dass die Opposition im AGH gezielter nachfragt, was mit den Wahlversprechen der Koalition in der Umsetzung geplant ist. Ich beziehe mich im Folgenden auf die Beantwortung der Fragen der Abgeordneten (siehe Grafik). Vorausgeschickt: die ersten 100 Tage der Legislaturperiode begannen stürmisch, der Senat hat es wahrlich nicht leicht. Aber umso dringender wollen wir unterstützen, mit Rat und Tat, dass gute Vorhaben, die unsere Gemeinschaft stabilisieren, wie geplant umgesetzt werden, gerade in Krisen-Zeiten. Bildung in Berlin ist so ein Vorhaben, hier besonders die Entwicklung von Kitaplätzen.

Die Entwicklung des Kita-Platzbaus in den letzten 5 Jahren mit Förderung durch BuPro und LaPro (so schön, diese Kürzel für Bundes- und Landes-Programm) erbrachte 22.361 neue Kitaplätze.
Angesichts des errechneten Bedarfs bis 2025/6, auch so im Berliner Kitaentwicklungsplan dargestellt, braucht Berlin noch ca. 25-30.000 Kitaplätze. Der aktuell (03/22) kalkulierte „Ziel-Platzbedarf“ liegt bei 200.600 Plätzen bis zum Ende der Legislaturperiode. Derzeit werden laut ISBJ 167.203 Plätze belegt (allerdings 9.000 mehr angeboten, bauliche Mängel oder Personalmangel kommen in dieser Statistik nicht vor). Also, ca. 25-30.000 Plätze fehlen noch bis 2026.

Seit 2017 wurden pro Jahr im Mittel 4.400 Plätze gebaut, wir sind jetzt im Jahr 2022, also müssten wir ca. 5-6.000 Plätze pro Jahr bis 2026 bauen, um das angestrebte Ziel zu erreichen. Für 2022/23 sind insgesamt 6.900 Plätze geplant, so wenig wie seit 2013 nicht, als das Recht auf einen Kitaplatz eingeführt wurde. Es entsteht der Eindruck, der Bildungsbereich wird deutlich beschnitten, aber aus der zuständigen Senatsverwaltung ist dazu nichts zu hören. Um den Ziel-Platzbedarf zu erreichen, müssten für die letzten drei Jahre der Legislaturperiode jedes Jahr 8.000 Kitaplätze entstehen. Wir wollen nicht vergessen, dass Bauprojekte eine Vorlaufzeit von 3-5 Jahren haben, bevor zur Schaufel gegriffen wird. Wir müssen jetzt wirklich besorgt fragen, ob beim Senat tatsächlich daran gedacht wird, die eigene Planung ernst zu nehmen? Oder ist ein Ziel-Platzbedarf für Kitas nur ein Ziel, ähnlich der guten Vorsätze zu Sylvester?

Es geht in diesen Tagen und in den nächsten Jahren auch um Platzbedarf für Flüchtlinge aus der Ukraine. Berlin sollte vorbereitet sein, Kitaplätze tatsächlich unbürokratisch anzubieten und nicht verlorene Menschen auf die Irrfahrt mit dem Kita-Navigator zu schicken. Der erforderliche Bedarf liegt mittelfristig sicher bei einigen tausend Plätzen, denn etliche werden bleiben und es sind Mütter mit Kindern. Wir wollen diesmal doch schnell integrieren, die Chancen stehen gut, die Kultur ist nah an unserer, es gibt genug offene Stellen usw.

Es kann wirklich eine Gelegenheit sein, die Verwaltungsreform in Berlin jetzt anzugehen. Am Anfang steht die Planung des Bedarfs, dann folgen die Schritte der Realisierung bei den einzelnen Vorhaben. Die Planung des Bedarfs entsteht dadurch, dass man sie ermittelt, nicht, indem man sie nach eigener Einschätzung festlegt.

Aus der Statistik geht sehr klar hervor, dass freie Träger 80 Prozent aller Kita-Plätze schaffen, mit weniger finanziellem Aufwand als die Eigenbetriebe, (s. Dokumente) Trotzdem wurden Sondermittel (SIWA) von 14 Mio und noch weitere „zunächst“ 10 Mio an die EB gegeben, abseits von BuPro und LaPro, eben mal so!

Es gibt Politiker:innen im Senat und Bezirk, die über Re-Kommunalisierung nachdenken. Die leitenden Mitarbeiter:innen der Eigenbetriebe, die wir kennenlernten, sahen keinen Sinn in dieser Konkurrenz. Es war sehr hilfreich, in unserem Trägerbündnis über die verschiedenen Wege zu reden, um das gemeinsame Ziel zu erreichen: das gesetzlich seit 2013 garantierte Recht auf einen Kitaplatz für jedes Kind. Sie haben jetzt leider das Trägerbündnis Kita-Stimme.berlin verlassen. …
Die beantragten Projekte der freien Träger sind 2021 ohne Ankündigung gestoppt worden, Kita-Bauten von über 20 Mio und mit 1863 Plätzen sind blockiert. Beispiel: die Bedarfsplanung für den größten Berliner Bezirk Pankow für 2023 liegt bei 60 Plätzen. Hanna gGmbH hat einen Kita-Bau von 150 Plätzen abbrechen müssen, obwohl Bedarf vom Jugendamt nachgewiesen wurde. Vorlaufkosten aus Eigenmitteln des Trägers bislang 2,5 Mio, DRK, Evangelen und vielen großen freien Trägern geht es ebenso. (s. Kita-Stimme).

Den Bedarf an Kitaplätzen erleben wir jeden Tag, an dem wir Eltern abweisen müssen. Die Nachfrage nach unbürokratischem Angebot für Flüchtlinge wächst stündlich. Wir helfen mit, aber wir vertrauen darauf, dass die künftigen Planungen im frühkindlichen Bereich ebenso grundlegend geändert werden können, wie sie im Verteidigungssektor plötzlich den Gegebenheiten angepasst wurden. Das war wohl schlecht geplant, das wollen wir doch nicht wiederholen. Können wir den frühkindlichen Bereich bitte auch den Gegebenheiten anpassen?

PS: Die Beantwortung der Fragen datiert vom 4. März 22, das Thema Ukraine-Flüchtlinge war schon akut, wird aber nicht erwähnt.

Ein Kommentar von Hartmut Horst, Hanna gGmbH Kita Trägerschaften