Hanna gGmbH: Kita-Bauprojekt Kita als Dorf in Alt-Blankenburg

Im Gespräch mit Hartmut Horst und Manuel Schottmüller, Geschäftsführer der Hanna gGmbH zum Kita-Bauprojekt Alt-Blankenburg

Die Hanna gGmbH ist eine gemeinnützige Organisation, die als anerkannter Träger der freien Jugendhilfe seit 2003 Kindertagesstätten betreibt. In sechs Einrichtungen betreut die Hanna gGmbH derzeit über 900 Kinder. Hartmut Horst ist geschäftsführender Gesellschafter und Gründer der Hanna gGmbH. Manuel Schottmüller, Dipl.-Betriebswirt mit Schwerpunkt Immobilien-Entwicklung, ist geschäftsführender Gesellschafter und leitet u.a. die Kita-Bauprojekte.

Kita-Stimme.berlin: Die Hanna gGmbH steht dafür, Standort-Kitas zu schaffen, die eigenen Kita-Bauprojekten viel Platz für viele Kinder und dabei besondere Ort für Kinder und ihre Familien schafft. In diesen Projekten steckt viel Vorleistung, bevor an eine Förderung überhaupt gedacht werden kann, oder?

Manuel Schottmüller: Ja, das stimmt. Wir sind beispielsweise in den vergangenen Jahren tatsächlich immer wieder systematisch durch Pankow und Lichtenberg mit dem Fahrrad gefahren, auf der Suche nach freien Grundstücken. Wenn wir etwas Geeignetes gefunden haben, haben wir die Eigentümer recherchiert und uns mit den Ämtern und Behörden in Verbindung gesetzt. Wir haben so in der Nähe des Krieger-Areals in Pankow drei zusammenhängende Grundstücke über einen Zeitraum von sechs Jahren erworben. In der unmittelbaren Umgebung sollen in den nächsten Jahren 2.000 Wohnungen entstehen. Drüber hinaus gibt es zwei Wohnungsbaugenossenschafts-Projekte um die Ecke. Da wächst also die Stadt – und wir sind in unseren Planungen schon dabei.

KSb: Das ist etwas, was die Hanna gGmbH ausmacht, oder? Orte finden, die besonders attraktiv sind als Fläche für eine Kita, in der frühkindliche Bildung im Zentrum steht, die aber eben auch sinnvoll für eine Standort-Kita sind, weil man die Stadtentwicklung im Blick hat?

MS: Wir haben in den letzten Jahren immer wieder vonseiten der Jugendämter oder Bezirksämter gehört, dass man grundsätzlich wieder vermehrt die großen Standort-Kitas in Berlin befürwortet. Die Größenordnung einer Standort-Kita hat einfach ganz viele Vorteile – abgesehen von der Wirtschaftlichkeit. Es gibt beispielsweise ausreichend Freiflächen und Raum für eigene Küchen. Das sind für uns sehr wichtige Aspekte im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung.

Die Alternative dazu ist leider oft, dass man Investoren von größeren Wohnungsbauvorhaben beauftragt, den Gebietsbedarf an Kita-Plätzen in kleinen Gewerbeeinheiten in den großen Wohnhäusern unterzubringen. Meist in Erdgeschosslagen und kaum Freiflächen davor. Dagegen setzen wir konsequent unsere Idee der Standort-Kita. Wie mit der „Kita am See“ oder mit der „Paule am Park“. Wir sehen in solchen Kitas einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige soziale Infrastruktur.

KSb: Trotz schwieriger Voraussetzungen sind Freie Träger immer noch hoch motiviert, neue Einrichtungen zu bauen. Und gehen teilweise in enorme finanzielle Vorleistung, was den Grundstückskauf, Gutachten, Architekten usw. betrifft, ohne dass es eine Sicherheit gibt, dass es für dieses Projekt eine Förderung geben wird.

MS: Die öffentliche Hand hat fast keine Grundstücke mehr, auf denen sie bauen kann. Deswegen sind wir als Freie Träger der verlängerte Arm der öffentlichen Hand diejenigen, die dabei helfen können, Grundstücke, die benötigt werden um den Kitaplatz-Bedarf zu erfüllen, überhaupt beschaffen. Und das setzt man vonseiten des Senats gerade aufs Spiel: Dass die freien Träger ihr Engagement einstellen, weil die Hürden zu groß sind.

Hartmut Horst: Dazu muss man auch sehen, dass eine Kita unter 140 Plätzen langfristig wirtschaftlich nicht tragbar ist. Wir sind Sozialunternehmer und planen natürlich wirtschaftlich und sinnvoll. Bei unseren Bauvorhaben hieß es in Gesprächen mit dem Bezirksamt oft befürwortend, dass an diesem Standort Plätze gebraucht werden. Und mittendrin in der Planungs- oder sogar schon in der Umsetzungsphase, gibt es dann einen politischen Kurswechsel im Senat. Im Moment tendiert die offizielle Ansage dahin, dass es genug Kitaplätze gibt. Und die Grundlage, auf der unsere Planung basiert, die Förderung, ist damit unberechenbar geworden.

Das ist die große Problematik: Wir sehen da kein Konzept, wie der große Mangel von 30.000 bis 40.000 Plätzen, die in Berlin noch fehlen, systematisch zu beheben ist. Darüber sind wir uns im Bündnis der freien Träger einig. Wir haben alle ganz konkrete Vorstellungen, Ideen und Konzepte, wie wir zum Ausbau der Kitaplätze in Berlin beitragen können. Die müssen aber auch umgesetzt werden. Wir möchten mit dem Senat darüber diskutieren, wie das gelingen kann.

KSb: Eigentlich gibt es ja gemäß den Förderrichtlinien der Stadt Berlin sogar eine klare Zusage für Fördermittel, wenn ein geplanter Standort laut Bezirksamt zu einem Bedarfsgebiet mit hohem und sogar steigendem Bedarf gehört.

MS: Genau. Aber das Bezirksjugendamt kann natürlich immer sagen: Wir haben hier eine Bedarfsregion 1 und das geplante Projekt unterstützen wir. Und wir, als Träger, begrüßen diese Förderung des Projektes, weil sie durchaus ein Argument bei der Antragsstellung ist. Aber der Fördermittelgeber ist letztlich das Land Berlin und niemals der Bezirk selber. Deswegen kann der Bezirk nur Empfehlungen aussprechen. Aber die Entscheidung über die Verteilung der Gelder trifft der Senat.

KSb: Kam es denn auch bei Hanna gGmbH schon vor, dass es nach einer langen Planungsphase kein Fördergeld gab und ein Projekt nicht umgesetzt werden konnte?

HH: Ja, diese Situation hatten wir schon. Unser Kulturgarten in Heinersdorf war so ein Standort, an dem wir versucht haben, einen Kita-Bau umzusetzen – und es dann nicht funktioniert hat. Da wir aber das Grundstück schon hatten, haben wir versucht, das Allerbeste daraus zu machen. Nun ist es ein Seminarhaus geworden, unsere „Akademie“ für Workshops und Fortbildungen. Und der schöne Garten drum herum ist ein Nutz-, Erfahrungs- und Forschungsgarten für unsere Kitagruppen geworden.

KSb: Bei all den Herausforderungen, die das Engagement für mehr Kita-Plätze, das Schaffen von guten Orten für eine gelungene frühkindliche Bildung, mit sich bringt: Warum machen Sie diesen Job noch?

MS: Wir meinen als Träger und soziale Unternehmer, das, was wir tun, wirklich wahnsinnig ernst. Wir haben nach wir vor ganz große Lust, etwas Richtiges und Wichtiges zur frühkindlichen Bildung in dieser Stadt beizutragen. Das kann man zum Beispiel an unserem Projekt in Blankenburg, der geplanten Kita als Dorf, ganz gut sehen. Wir arbeiten dort an einem Standort für 140 Kinder. Und wenn man das über die Jahre hochrechnet, wie viele Menschen, wie viele Kinder und ihre Familien, von so einem Standort profitieren treibt uns täglich an. Es wäre schade, wenn der Senat diese Motivation bei freien Trägern verspielt.

HH: In Blankenburg haben wir 2018 den Standort gekauft, das Einstampfen der Fördertöpfe hat dann erst 2020 seinen Lauf genommen. Bis dahin hatten wir bereits viel investiert. Wir sanieren dieses historische Gebäude-Ensemble, eines davon ist das älteste Haus des Ortes, inzwischen mit eigenen Mitteln, weil sonst nämlich alles kaputtgegangen wäre. Aber wir fühlen uns da richtig im Regen stehengelassen. Man könnte ja zumindest mal miteinander sprechen.

KSb: Herr Horst, Herr Schottmüller, vielen Dank für das Gespräch und viel Energie und Durchhaltevermögen für alle weiteren Projekte.