Im Gespräch mit Carsten Schatz (Die LINKE)

„Den Eigenanteil wollen wir abschaffen, um Kita-Personal vernünftig bezahlen zu können.” Der Berliner Abgeordnete und Fraktionsvorsitzende von DIE LINKE, Carsten Schatz, hat im Gespräch mit dem überverbandlichen Trägerbündnis Kita-Stimme.berlin deutlich gemacht, dass ihm und seiner Partei frühkindliche Bildung, Sprachförderung sowie eine faire Finanzierung wichtig sind.

Die Mitglieder des Trägerbündnisses Kita-Stimme.berlin diskutierten am Dienstag mit Carsten Schatz über die aktuelle Situation Berliner Kitas in freier Trägerschaft. Hauptsächlich ging es um die Themen Hauptstadtzulage, Eigenanteil, Kitaplatzausbau und Fachkräftemangel. In der Berliner Kitalandschaft hat sich in den letzten Jahren schon sehr viel getan, so lautet die persönliche Bilanz von Carsten Schatz. „Mit einer Betreuungsquote von 69 Prozent bei den 0-3-Jährigen und über 90 Prozent bei den 3-6-Jährigen ist das Betreuungsangebot schon ganz gut.” Dennoch zeigt sich, dass in Bezirken wie Mitte, Neukölln, Reinickendorf und Spandau, in denen die sozialen Probleme zunehmen, andere Lösungen und neue Angebote bei der Kindertagesbetreuung gefragt sind. Auch beim Kitaausbau und der Fachkräfteentwicklung sowie
deren Finanzierung „sind wir noch nicht da, wo wir sein wollen”, gibt der Fraktionsvorsitzende zu.

Kita-Plätze konsequent ausbauen
In den nächsten Jahren will Berlin laut Kitaentwicklungsplan 26.000 neue Kitaplätze schaffen. Dafür stellt die Senatsverwaltung 160 Millionen Euro bereit. Die geplante Finanzierung beim Kitaausbau bereitet den Trägern jedoch große Sorge, denn die Summe reicht bei weitem nicht aus. Laut Trägerbündnis werden insgesamt rund 840 Millionen Euro benötigt. Dass die geplanten 160 Millionen nicht ausreichen werden, erkennt auch Carsten Schatz: „Beim Geld muss sicherlich noch etwas drauf gelegt werden.”

In Fachkräfte und Qualität investieren
Investitionen sind auch bei der Fachkräfteentwicklung dringend nötig. Mit dem Quereinstieg wurden laut Carsten Schatz bereits gute Möglichkeiten geschaffen; nun müsse die Berufsausbildung gerade bei den Quereinsteiger*innen weiter nach vorne gebracht werden. „Für uns ist das nicht nur ein einfacher Ausbildungsberuf. Wir sehen die Notwendigkeit einer akademischen Ausbildung, denn es geht um Bildung und wir haben in den letzten Jahren mit der tariflichen Eingruppierung tatsächlich einen Schritt nach vorne gemacht.“, erklärt der Abgeordnete. Dem müsse die Ausbildung auch in qualitativer Hinsicht angepasst werden. Zu bedenken geben die Vertreter*innen von Kita-Stimme.berlin, dass die freien Träger in den letzten Jahren ihre Ausbildungsplätze von 3,5 auf 7 Tausend Plätze erhöht haben, wohingegen die öffentlichen Betriebe von 3,5 auf 2,5 Tausend Plätze abgebaut haben. Auch hier muss Berlin seiner Verantwortung im Bereich der Fachkräfteentwicklung nachkommen und entsprechend investieren.

Hauptstadtzulage für alle Erzieher*innen
Die Ungleichbehandlung zwischen den Berliner Eigenbetrieben und den Kitas in freier Trägerschaft sorgt schon seit Jahren für Unmut bei den Trägern und ihren Beschäftigten. Mit der Corona-Prämie und der Hauptstadtzulage von 150 Euro pro Monat kamen weitere Benachteiligungen hinzu. Denn diese Sonderzahlungen erhalten nur Mitarbeiter*innen der öffentlichen Träger. Erzieherinnen und Erzieher der freien Träger gehen leer aus. Damit ist auch der Politiker nicht einverstanden: Bei der „Hauptstadtzulage, die mich persönlich ärgert, muss die gleiche Bezahlung stattfinden.”, sagt
Carsten Schatz.

Eigenanteil abschaffen
Fakt ist, dass die Kitas in freier Trägerschaft zwischen 20 und 35 Prozent unterfinanziert sind. Ausschlaggebend hierfür ist der Eigenanteil. „Diesen Eigenanteil wollen wir abschaffen.”, erklärt Carsten Schatz. „Denn wir wollen, dass so viel Geld wie möglich beim Personal ankommt.” Gerade in Zeiten von Fachkräftemangel sei es besonders wichtig, die Leute vernünftig zu bezahlen und für vernünftige Arbeitsbedingungen zu sorgen: „Die Abschaffung des Eigenanteils ist ein Weg dahin.” Auch der Anteil an Sachkosten, zum Beispiel Miet-, Strom- und Heizkosten, viele Kitas vor Herausforderungen in der Finanzierung und sorgen letztlich dafür, dass das Geld nicht immer dort ankommt, wo es ankommen sollte: beim Personal. Dass die Sachkosten bedarfskostengerecht sein müssen, bestätigt auch Carsten Schatz: „Wenn die Sachkosten höher sind als angenommen, dann ist die Spardose wieder das Personal und dann beißt sich die Katze in den Schwanz.”
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Sprachförderung*
Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt für Carsten Schatz in der Sprachförderung. Gerade im Übergang in die Schule sei dies ein wichtiger Punkt. „Bei Kindern, die in die Schule kommen ist das ein großes Problem, wenn die Sprachfähigkeiten nicht dem Entwicklungsstand entsprechen.”, so der Politiker. Dafür ist es jedoch notwendig, dass Kinder mit Sprachförderungsbedarf auch die Kitas besuchen können. Dem nationalen Bildungsbericht ist zu entnehmen, dass nur rund 80 Prozent der 3-6-jährigen Kinder mit Migrationshintergrund in eine Kita gehen; bei Kindern ohne Migrationshintergrund sind es 100 Prozent. Bezogen auf die Bezirke Mitte, Neukölln, Reinickendorf und Spandau gehen die Bündnisvertreter*innen von etwa 60-70 Prozent aus. Deshalb lautet auch hier die dringende Bitte des Trägerbündnisses, dieses Thema mit in die kommenden Koalitionsverhandlungen zu nehmen und möglichst in Zusammenarbeit mit den Bezirken und der Trägerlandschaft schnell Abhilfe zu schaffen, um allen Kindern von Anfang ein gute Bildung zu ermöglichen, besonders bei der Sprachbildung.