Fragen zur Entlohnung von Facherziehenden und zur Betreuung von Brandenburger Kindern mit Integrationsbedarf

Brief des Trägerbündnisses Kita-Stimme.berlin an die LIGA der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege vom 24. März 2022

Fragen zur Entlohnung von Facherziehenden und zur Betreuung von Brandenburger Kindern mit Integrationsbedarf

Sehr geehrte Frau Dr. Schlimper,

da Sie aktuell die turnusmäßige Federführung in der LIGA Berlin innehaben, möchten wir uns heute mit zwei Fragen an Sie wenden, die uns als freie Träger umtreiben. Die erste betrifft die Entlohnung von Facherziehenden nach den Kostenblättern für 2022 und 2023. Unser zweites Anliegen dreht sich um die Finanzierung der Betreuung von Kindern mit Integrationsbedarf aus Brandenburg in Berlin.

1. Entlohnung Facherziehenden nach aktuellem Kostenblatt
Schön, dass die Corona-Prämie über eine gesplittete Anrechnung auf dem aktuelle Kostenblatt auch dem pädagogischen Personal bei den freien Trägern zu Gute kommen kann – selbst wenn das bedeutet, dass man dafür in Vorleistung gehen muss. Leider kommen nach der Umsetzungslogik im Kitakostenblatt die sonstigen Beschäftigten – z.B. im Wirtschaftsbereich der Einrichtungen – nicht in den Genuss der Zulage. Dabei haben auch diese in der nun seit über zwei Jahren andauernden Pandemie einen wertvollen Beitrag zur Aufrechterhaltung der Angebote in unseren Kindertagesstätten geleistet.

Viele freie Träger planen eine zeitnahe Tarifanpassung für ihre Mitarbeitenden. Mit Blick darauf haben wir die seitens der Dachverbände kommunizierten Ergebnisse der RVTag-Verhandlungen für die Personalkosten des pädagogischen Personals (Übertragung der Tarifergebnisse ins Kostenblatt inkl. der Corona-Prämie) versucht rechnerisch nachzuvollziehen. Dies gelingt in einem ersten Schritt nicht – rechnerisch klafft eine Lücke von ca. 90 Euro monatlich bei den Erziehenden und von ca. 260 Euro bei den Facherziehenden. Erst mit Blick in das Kita-Kostenblatt wird – ganz nebenbei – dargelegt, dass zusätzlich die finale Abschmelzung der tariflichen Überleitungseffekte stattgefunden hat. Vorab offen kommuniziert wurde dies nicht. Diese mangelhafte Kommunikation und fehlende Transparenz lösen bei einigen Trägern Unbehagen aus.

Wäre es zumindest im Nachgang möglich, dass Sie die Berechnung für uns einmal nachvollziehbar machen? Gerade vor dem Hintergrund, dass einige freie Träger im Zuge der TV-L-Anpassung ebenfalls Lohnerhöhungen umsetzen werden finden wir es wichtig, dass die Spielräume dafür für alle plausibel sind. Hierfür ist es auch bereits heute unabdingbar, zu wissen, welche Basiswerte für die Personalkosten im Kitakostenblatt ab Januar.2023 angesetzt werden.

Wir hätten in diesem Punkt natürlich gerne zeitnah Klarheit für unsere Beschäftigten – auch weil bei vielen von uns Tarifverhandlungen anstehen. Selbstverständlich kann aufgrund des aktuellen Inflationsgeschehens noch keine Aussage zur Refinanzierung der Sachkosten im kommenden Jahr getroffen werden. Wäre es aber möglich, dass uns zumindest der Personalkostenanteil des nächsten Kostenblattes zeitnah zur Verfügung gestellt wird? Das würde sicherlich einiges an Unklarheiten beseitigen.

Mit Blick auf künftige Verhandlungsrunden möchten wir Ihnen noch einen Wunsch mitgeben: Technisches Personal ist aktuell noch im Sachkostenanteil des Kostenblatts integriert. Die hier erreichten Steigerungen lassen aber weder eine annähernde Lohnanpassung nach TV-L zu, noch ist hier die Auszahlung der Corona-Prämie eingepreist. Diese grobe Vernachlässigung des technischen Personals in unseren Einrichtungen muss bei den nächsten Verhandlungen thematisiert werden.

2. Finanzierung Brandenburger Kinder mit Integrationsbedarf
Immer wieder kommt es vor, dass Familien deren Kinder wir in unseren Berliner Einrichtungen betreuen zwar ins Brandenburger Umland ziehen, den Betreuungsplatz in ihrer Berliner Einrichtung aber weiterhin in Anspruch nehmen möchten. Darunter sind oft auch Familien mit Kindern, die einen erhöhten Förderbedarf haben. Auch für die fortlaufende Finanzierung dieser besonderen Betreuungsverträge haben wir uns bisher
gut auf den entsprechenden Staatsvertag zwischen den beiden Bundesländern verlassen können. Seit einiger Zeit gibt es hier aber massive Probleme.

Der Anteil für den regulären Betreuungsplatz wird weiterhin problemlos finanziert. Mit Blick auf den erhöhten Förderbedarf gibt es aber unterschiedliche Auslegungen: Die Brandenburger Gemeinden berufen sich auf das SGB und sehen hier das Land Berlin in der Pflicht, da der Integrationsbedarf ja ursprünglich hier festgestellt worden sei. In der Hauptstadt beruft man sich dagegen auf den Staatsvertrag und verweist auf die zuständigen Sozialleistungsträger in Brandenburg. Den Kitas entsteht so eine Finanzierungslücke, obwohl sie ihre Leistung weiter erbringen – denn gerade Kinder mit Integrationsbedarf sind auf ihr gewohntes Umfeld ja oftmals besonders angewiesen.

Wir wissen zum Beispiel von Fällen in Marzahn-Hellersdorf, wo die Kosten für erhöhten Förderbedarf weder vom Landkreis Märkisch-Oderland noch vom Land Berlin übernommen werden – das Bezirksamt kann nur in dringenden Einzelfällen in Vorleistung gehen. Ähnliches hören wir aus Pankow, wo wesentlich erhöhter Förderbedarf aktuell weder vom Landkreis Oder-Spree noch vom Land Berlin finanziert werden. Der Landkreis hat den Berliner Senat jetzt um eine Stellungnahme gebeten,

Die betroffenen freien Träger sind gerade sehr verunsichert, ob und wann sie eine Refinanzierung für ihre Betreuungsleistung erhalten. Aus unserer Sicht bedarf es dringend einer Klärung, inwieweit der Staatsvertrag zwischen beiden Ländern noch gilt oder ob Aktualisierungen erforderlich sind. Können Sie sich vorstellen, dass die LIGA sich diesem Thema widmet?

Wir hoffen, dass unsere Anliegen bei Ihnen gut aufgehoben sind – lassen Sie es uns gerne wissen, wenn es dazu Rückfragen gibt. Für Ihre Unterstützung möchte wir Ihnen jedenfalls schon jetzt herzlich danken!

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang Freier
Gemeinnützige BOOT GmbH

Kathrin Weidemeier
Unionhilfswerk Sozialeinrichtungen gGmbH