„Für viele Berliner Kinder führt der Weg in die Zukunft schon früh auf ein Abstellgleis.“

„Für viele Berliner Kinder führt der Weg in die Zukunft schon früh auf ein Abstellgleis.“

Mehr als ein Drittel der Berliner Drittklässler liegt beim Lesen unterhalb der Mindeststandards. Dennoch endet ein sinnvolles Programm wie die Sprach-Kitas. Und dennoch läuft der Kita-Ausbau in der Hauptstadt weiterhin auf Sparflamme.

Es sind dramatische Zahlen, die uns die Senatsbildungsverwaltung da in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Abgeordneten Katharina Günther-Wünsch präsentiert: Über 35 Prozent der Berliner Drittklässler können nicht richtig lesen – sie erfüllen bei den diesjährigen Vergleichsarbeiten noch nicht einmal die Mindeststandards. Noch gravierender sieht es bei der Rechtschreibung aus: Hier liegt bereits die Hälfte von ihnen unterhalb der Minimalanforderungen.

„Dass die Weichen für den späteren Lernerfolg in der Schule bereits in den ersten Lebensjahren gestellt werden, ist mittlerweile hinlänglich bekannt“, sagt Hartmut Horst, Geschäftsführer bei der Hanna gGmbH. „Deshalb wäre es unredlich, die Lehrerinnen und Lehrer für diese Ergebnisse verantwortlich zu machen. Fakt ist, dass heute prozentual gesehen weniger Berliner Kinder eine Kita besuchen als noch vor einigen Jahren. Fakt ist, dass es noch immer zu wenig Kita-Plätze für alle Kinder in der Stadt gibt. Und Fakt ist, dass ein erfolgreiches Programm wie die Sprach-Kitas jetzt vor dem Aus steht. Für viele Berliner Kinder führt der Weg in die Zukunft so schon früh auf ein Abstellgleis.“

Besonders brisant: Die Zahlen sind im Vergleich zu den Untersuchungen aus den Vorjahren noch einmal gestiegen – auch wenn die Senatsbildungsverwaltung in ihrer Antwort die Vergleichbarkeit zu den Vorjahreszahlen infrage stellt, weil in jedem Jahr andere Bereiche eines jeden Fachs getestet werden. „Diese Aussage macht mich ehrlich gesagt etwas ratlos“, sagt der Geschäftsführer des gemeinnützigen Boot e.V. Wolfgang Freier. „Auch wenn nicht jedes Jahr Bereiche wie Lese- oder Rechtschreibkompetenz getestet werden, kann ich mir nicht vorstellen, dass beides bei den Vergleichsarbeiten bisher kein Thema war. Der Verdacht liegt nah, dass man hier einmal mehr bewusst die Augen vor dem verschließt, was man nicht sehen will. So wird man das Problem aber niemals lösen können – obwohl man in der Stadt sicherlich eine Reihe an Verbündeten dafür hätte.“